Lieber Leser,
letzte Woche stand der EURIBOR, als Referenzzins und seinem Einfluss auf Ihre persönlichen Sparanlagen, im Zentrum unserer Veröffentlichung. Heute möchten wir Ihnen, in einer thematischen Fortsetzung, die Folgen und möglichen Motive einer dauerhaften Nullzins-Politik vorstellen.
Seit rund 22 Jahren liegt der Zinssatz in Japan nahe null Prozent
Japan gilt in der Volkswirtschaft als Blaupause und mahnendes Beispiel für Deutschland. Beide Länder sind gut zu vergleichen, da sie viele Parallelen seit der Nachkriegszeit aufweisen.
Es handelt sich bei diesen zwei Staaten um industrialisierte freie Marktwirtschaften, in denen die Außenhandelsbilanz (der Export) die eigene Binnenwirtschaft erheblich übersteigt. Gepaart mit einer Lebenserwartung von rund 82 Jahren, Geburtenrückgängen und Überalterung der Bevölkerung runden ein grobes Bild des OECD-Landes ab.
Von den 1960er Jahren bis 1973 erlebte die japanische Wirtschaft einen regelrechten Boom. Es handelte sich hierbei um den stärksten japanischen Aufschwung seit dem zweiten Weltkrieg. Hohe landesinterne Investitionen für benötigte Infrastruktur und günstigste Produktionskosten, mit einer schwachen Währung förderten die Nachfrage für japanische produzierte Güter im Ausland. Dadurch setzte eine Stärkung der Außenhandelsbilanz ein, die durch Spezialisierungen in die Industrie gefestigt wurden. Beispiel: Branche der IT Hard- und Software.
Bis zum Ende der 80er Jahre war Japan nicht nur eines der führenden Industrieländer der Welt, sondern auch ein beliebtes Ziel für Investoren. Rasant wuchs in den folgenden zehn Jahren der Wert von japanischen Aktien und Immobilien. Es entfesselte sich ein „Hype“ mit Negativfolgen, von denen das Land sich bis heute nicht erholt hat. Denn die wachsenden Preise waren nicht nachhaltig.
In 1990 verursachte das Platzen der japanischen Blase tief greifende Folgen. Die Aktienkurse fielen innerhalb 24 Monaten um die Hälfte und der trägere Immobilienmarkt fiel bis heute um rund 60 Prozent. In den folgenden Jahren gingen unzählige Unternehmen Bankrott. Bis Ende dieses Jahrzehntes gerieten rund 40 Prozent der japanischen Banken in erhebliche Schwierigkeiten, sie wurden fusioniert, aufgekauft, verstaatlicht oder abgewickelt.
Wie kann so etwas passieren:
Das Problem ist rückblickend sehr klar identifizierbar. Die Ironie ist, dass die dauerhafte Medikation gegen das Problem teilweise auch die damalige Ursache stellt.
Als Mitte der 80er bis im Jahr 1990 die Nachfrage nach japanischen Aktientiteln und Immobilien seine Hochphase erreichte, stieg auch die eigene Währung Yen erheblich. Dies schwächte den Export. Von dem die japanische Wirtschaft maßgeblich abhängig war und heute noch ist. Die damalige Regierung senkte den Zins, um die eigene Währung abzuschwächen und somit den Waren- und Güterexport wieder anzukurbeln. Zusätzlich erhoffte man sich durch „günstiges Geld“ auch den Konsum innerhalb der Binnennachfrage zu erhöhen. Letztendlich begann ab diesem Zeitpunkt die Überschwemmung des Landes mit immer mehr Geld, durch weitere Zinssenkungen der Notenbank.
Das generelle Problem der makroökonomischen Politik nach keynesianischen Vorbild, gleich ob geldpolitischer oder fiskalischer Art: Diese Maßnahmen und Effekte greifen ausschließlich kurzfristig.
Der Vorgang ist, simpel erörtert, die Wirtschaft überdurchschnittlich wettbewerbsfähig zu machen. Dafür werden zunächst Schulden aufgenommen (auch durch Zinssenkungen) und anschließend „aus dem Minus heraus“ abgearbeitet. Wenn dies nur teilweise oder gar nicht gelingt, kann unmöglich der Zins (Preis für Geld) erhöht werden.
Zur Kompensierung nehmen die japanischen Regierungen seitdem massive staatliche Schuldenprogramme auf, belassen den Zins bei null und kaufen über die eigene Zentralbank die eigenen Staatsanleihen auf. Es ist eine Spirale mit einem Abwärtstrend. Denn das grundlegende Geldsystem ist in sich immer geschlossen.
Im japanischen Beispiel erreichte auch ein Teil des neuen Geldes das Ausland und führt zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Devisen. Dadurch werden fremde Währungen automatisch aufgewertet. Wenn anschließend andere Länder in den Wettlauf nach Zins- und Währungsabwertung eintreten, schlägt dieser Effekt in das Gegenteil um.
Mögliche Gründe:
Einer der möglichen Begründungen liegt darin, dass die Politik oft in Wahlzyklen denkt. Von Wahl zu Wahl. Ein Kreislauf der Wirtschaft benötigt im Schnitt doppelt so lange. Zusätzlich muss die aktuelle Konjunktur am Laufen erhalten werden.
Wir schreiben aktuell das Jahr 2017:
Nullzins-Politik, Geburtenrückgang, Währungskrise, wenig Rohstoffe, exportstarke Wirtschaft und eine Zentralbank die Schuldpapiere oder Staatsanleihen aufkauft kommen Ihnen bekannt vor? Kein Wunder wir erleben es gerade hautnah.
Probleme der japanischen Sparer und Rentenanwartschaften:
Überwiegend sind die privaten Altersvorsorgen, der Japaner, kapitalgedeckt angelegt. Bedeutet der größte Motor eigener Altersvorsorge bildet der Zins. Wenn jetzt eine Verzinsung von rund null Prozent gesetzt wird, erhalten diese Sparer unüberwindbare Probleme. In Deutschland kennen Sie dies auch. Bei uns trägt das Ursprungsprodukt den Namen der Kapitalbildenden Lebensversicherung. Heute schließen namenhafte Versicherungskonzerne ganze Sparten und Abteilungen für diese Bereiche. Eine nachweisliche Alternative bilden Vorsorgeformen, mit kluger Teilhabe an die Wirtschaft. Diese sind inflationsgeschützt und vom beschrieben Geldsystem maßgeblich unabhängig.
Das Team von Finanzcoach Hannover wünscht Ihnen vorab einen guten Start in die neue Woche.